Gemeinsame Wege zum Wohle der Stadt

16.11.2015

CDU enthält sich beim städtischen Haushalt 2016

Den veränderten Mehrheitsverhältnissen im Rat der Stadt nach den Oberbürgermeister-Wahlen hat sich auch das Abstimmungsverhalten der CDU zum städtischen Haushalt 2016 angepasst. Inhaltich war am bestehenden Haushalt für 2016 nicht mehr viel zu verändern, ablehnen wollte die eigene Fraktion aber den Haushalt des CDU-Oberbürgermeisters auch nicht - so hat sich die CDU-Fraktion enthalten. Der Haushalt 2017 soll dann im Sinne der CDU verändert werden. In ihrer Haushaltsrede führte die Fraktionsvorsitzende Simone-Tatjana Stehr dazu aus:

„Traditionell und nicht nur bei uns in Oberhausen geben die Reden zum Haushalt den Oppositionsparteien Gelegenheit zur Generalabrechnung mit dem politischen Gegner. Traditionell wird diese Gelegenheit in der Regel auch in 100 Prozent aller Fälle genutzt, und zumindest solange ich diesem Rat angehöre, gab es da bisher noch keine Ausnahme.

Selbstverständlich werde ich mir gleich auch einige kritische Anmerkungen erlauben, die mir - mit Verlaub - unverzichtbar erscheinen. Doch die Tradition der klassischen Haushaltsrede mit angespitzter Wortwahl und zuweilen auch angriffslustiger Rhetorik werde ich hier und heute nicht fortsetzen.
Was nichts Anderes heißt, als dass es mir jetzt und in Zukunft im Gegensatz zu Ihnen, Kollege Große Brömer, um absolute Sachlichkeit gehen wird.

Und das hat gleich mehrere Gründe:

Beginnen wir mit dem eingangs von mir verwendeten Begriff der „Oppositionsparteien", der in unserer Situation schon verwirrend genug ist. Gibt es diese Oppositionsparteien angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse überhaupt noch in unserem Stadtparlament? Und wenn nicht, wie nennen wir sie denn sonst? Zugegeben fällt mir auch nach langem Nachdenken kein anderer Sammelbegriff für BOB, Linke Liste, Bürgerliste und CDU ein.
Trotzdem ist die Bezeichnung Opposition genauso so irreführend wie das Festhalten von SPD, Grünen und FDP an der sogenannten Ampelkoalition.

Wobei der Begriff Ampel mir persönlich doch sogar noch irreführender erscheint. Denn eine Koalition ergibt ja eigentlich nur dann Sinn, wenn sie regierungsfähig ist. Und das ist sie mit ihren 30 Sitzen bekanntlich seit einiger Zeit nicht mehr. Während die Opposition – so wir sie denn so nennen wollen und so sie geschlossen auftritt – mit der Stimme des Oberbürgermeisters noch jederzeit eine Mehrheit herstellen kann.
Haben wir es also hier mit der eigentlichen Stadtregierung zu tun? Ich meine nicht, und falls das jemanden Sorgen bereiten sollte: Das ist auch gar nicht unser Bestreben.

Ich weiß, liebe Kolleginnen und Kollegen zu meiner Linken: Sie bezweifeln ohnehin, dass wir in der Vier-Parteien-Opposition immer den nötigen Konsens schaffen werden. Und in der Tat gehört zur Wahrheit, dass wir das sicherlich in einigen Fällen nicht hinkriegen werden. Was jedoch beide beschriebenen Situationen gewiss zeigen, dass wir irgendwie alle gemeinsam mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben: Wir stehen alle vor der Aufgabe, politische Entscheidungsprozesse ohne echte Mehrheiten herbeiführen zu müssen und zu wollen.

Die Frage, die sich daraus ergibt, ist jetzt natürlich: Was macht das mit uns? Und ich will Ihnen gerne meine Schlussfolgerung aufzeigen: Wir alle, meine Damen und Herren - und damit meine ich wirklich alle – sollten uns der unumstößlichen Tatsache bewusst sein, dass wir einander mehr denn je brauchen, wenn wir Oberhausen nach vorn bringen wollen.

Die Zeit des Durchregierens ist vorbei. Und ich habe Verständnis dafür, wenn diese Einsicht den einen – liebe Genossen – schwerer fällt als den anderen. Trotzdem sehen wir uns alle diesem Faktum gegenüber. Wir sollten es akzeptieren. Oberhausen steckt aus vielerlei Gründen in einer äußerst schwierigen Situation und in einer - wie dargestellt - politisch verzwickten Lage. Das schreit förmlich nach Gemeinsamkeit. Vorausgesetzt, man ist daran interessiert, wirklich das Beste für das Leben in unserer Stadt und damit für unsere Bürgerinnen und Bürger zu erreichen.

Ich möchte an dieser Stelle gerne ein Beispiel für die Notwendigkeit nach Gemeinsamkeiten geben: Ein Beispiel, das den Haushalt zusätzlich belastet und mit Unabwägbarkeiten versieht, die uns noch zu schaffen machen könnten. Die Rede ist von der Flüchtlingsproblematik. Zum Glück haben wir in Oberhausen – wie auch in zahlreichen anderen Kommunen - eine großartige Willkommenskultur für Flüchtlinge. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass es Ängste und Sorgen in der Bevölkerung gibt und dass es Menschen gibt, die die positive Grundhaltung, die Hilfsbereitschaft und das überragende Engagement zum Kippen bringen könnten. Meine tiefe Überzeugung ist es, dass sich die demokratischen Kräfte hier nicht auseinanderdividieren lassen.

Zum Glück herrscht beim Thema Flüchtlinge ein Grundkonsens.
Was aber spricht eigentlich dagegen, auch auf anderen kritischen Politikfeldern nach mehr Gemeinsamkeiten zu suchen. Was hält uns davon ab, über Parteigrenzen hinweg sachorientierte Entscheidungen herbeizuführen? Zum Wohle der Stadt, das doch ganz sicher allen Anwesenden am Herzen liegt! Ich will gar nicht lange drum herumreden, sondern eine offene und ehrliche Antwort geben: Was uns zuweilen davon abhalten könnte, sind vor allem Befindlichkeiten und Verletzungen, die zurückgeblieben sind. Und zwar, liebe Kolleginnen und Kollegen, sicher auf allen Seiten. Gerne werbe ich an dieser Stelle darum, diese Hürden zu überwinden.

Und ich bin davon überzeugt, dass uns das gemeinsam gelingen wird.
Selbstverständlich tröstet man sich erfahrungsgemäß immer mit der eigenen Sicht auf die Dinge, um Erklärungsmuster zu finden, die entlasten. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Darstellung des vermeintlich stillosen Wahlkampfes.
Und ja, richtig ist tatsächlich, auch wir von der CDU waren manchmal absolut verärgert; beispielweise über als Abbruchpartys getarnte Wahlveranstaltungen auf Steuerzahlerkosten, die sich leider als Luftnummern entpuppten. Ich will es bei dem Stichwort Center Point belassen und mich damit dann auch begnügen.

Denn hier wie dort würde die Aufzählung vergangener Ärgernisse nur Salz in vielleicht immer noch nicht ganz verheilte Wunden streuen. Das wäre fatal und bringt uns nicht weiter.
Schauen wir deshalb nach vorn und machen uns zunutze, dass die Dinge im Rückspiegel oft deutlich kleiner werden und unbedeutender wirken, wenngleich ich gerne einräume, dass nach einer verlorenen Wahl das Vergessen und Vergeben schwerer fällt als nach einer gewonnenen. Und Sie dürfen mir glauben, meine Damen und Herren, dass wir auf diesem Gebiet genügend Erfahrungen gesammelt haben, sozusagen Experten sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
lassen Sie uns gemeinsam einen neuen Politikstil einschlagen, neue Wege nach Lösungen suchen. Und wenn schon nicht mit Begeisterung, dann wenigstens aus Einsicht in die Notwendigkeiten, aus der bei entsprechendem Erfolg im übrigen eine echte Begeisterung wachsen kann – auch das kann ich zumindest aus der Oppositionsarbeit dokumentieren.
Eines sollen meine Ausführungen aber keineswegs heißen: Dass wir uns nicht nach demokratischen Gepflogenheiten weiterhin in der Sache um die besten Ideen streiten sollten. Denn produktiv macht der Widerspruch, während uns das Gleich in Ruhe lässt, wie bereits vor 200 Jahren Goethe formulierte.

So werden wir mit ziemlicher Sicherheit weiter mit Ihnen darüber diskutieren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wie wir künftig mit der Oberhausener Gebäudemanagement GmbH umgehen. Dass die CDU seit vielen Jahren schon mit großem Unverständnis auf die Ungereimtheiten, auf die Skandale und Skandälchen bei der OGM reagiert, wissen Sie nur zu gut. Maklercourtagen an der Landwehr mutieren plötzlich zu Verwaltungsgebühren, weil man rechtliche Probleme fürchtet. Probleme, die aus unserer Sicht übrigens mit diesem Trick noch nicht ausgeräumt sind. Beim panikartigen, mindestens aber überstürzten Kauf von Schrottimmobilien stoßen wir ständig auf Ungereimtheiten und dabei wird dann auch schon mal die Grunderwerbsteuer doppelt fällig. Fehlkalkulation, explodierende Preise, undurchsichtige Transaktionen und als trauriger Höhepunkt der Handyskandal, der uns allen schadet!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampelkoalition, hier muss man doch Handlungsbedarf sehen. Hier kann man nicht weiter mit Verharmlosungen und Entschuldigungen reagieren. Die allermeisten Menschen in unserer Heimatstadt erhoffen sich zurecht, dass wir den Problemfall OGM endlich anpacken und lösen. Wir würden auch hierzu gern auf eine breite politische Mehrheit setzen und werben um eine gemeinsame Haltung und um ein gemeinsames Vorgehen. Ich finde das muss in unserer Stadt einfach möglich sein.
Auch hat die CDU definitiv eine andere Auffassung davon, wie man Bürgerbeteiligung herstellt und lebt. Ein 25-köpfiges Gremium, in dem es nur 9 Bürgerinnen und Bürger gibt, während der Rest aus Verwaltung und Politik kommt, kann nicht der Stein der Weisen sein. Selbst wenn die Mitglieder sich mit noch so viel Engagement einbringen. Was wir brauchen – und zwar unabhängig vom Arbeitskreis Bürgerbeteiligung, den wir selbstverständlich nicht torpedieren wollen – ist eine neue Kultur des Miteinanders von Bürgern, Politik und Verwaltung.

„Kritik als Chance begreifen und nicht als Bedrohung", dies ist ein Zitat des neuen Oberbürgermeisters, das ich, das wir als CDU gerne aufgreifen.

Wer Kritik als ständige Bedrohung begreift, meine Damen und Herren, läuft auch Gefahr, die Realität schlichtweg auszublenden und sich seine eigene Welt so zu machen, wie sie ihm gefällt. Ich verzichte jetzt auf die dazugehörige Gesangeinlage, mit der Andrea Nahles immerhin die Charts gestürmt hat.
„Der Aufschwung geht an Oberhausen vorbei", stellte noch vor weniger als drei Monaten der Unternehmerverband fest. Und dies tat er sicherlich nicht, um uns, um die Stadtspitze oder sonst irgendjemanden zu ärgern. Wir müssen endlich alle zur Kenntnis nehmen, was unabhängige Fachleute uns immer wieder und an vielen Stellen ins Gästebuch schreiben: Der deutschlandweite Aufschwung hat in unserer Stadt zumindest nicht in dem Ausmaß stattgefunden, wie wir es erwarten durften. Und lassen Sie mich den Unternehmerverband weiter zitieren, wenn er schlichtweg feststellt: Hohe finanzielle Belastungen für Unternehmen, insbesondere durch die horrenden Steuersätze behindern massiv die wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt.

Genau hier landen wir wieder beim Haushalt. Auf die zu hohen Grund- und Gewerbesteuern, will ich es aber heute reduzieren und auch an dieser Stelle auf eine Generalabrechnung verzichten. Das soll allerdings nicht heißen, dass die Positionen, die wir in den vergangenen Jahren hart kritisiert haben, plötzlich unsere Zustimmung finden. Leider gibt es immer noch genügend Gründe dafür, dass wir dem Haushalt und dem Haushaltsanierungsplan 2016 nicht zustimmen. Wir haben lange gerungen, ehe wir innerhalb der Fraktion in dieser nicht ganz einfachen Situation zu einem Votum kamen. Und, nachdem wir jahrelang mit großer Überzeugung den Haushalt abgelehnt haben, fiel es uns nicht ganz einfach, diesmal gegen diese Logik zu verstoßen. Aber auch mit Blick auf die neuen Mehrheitsverhältnisse sehen wir die Gefahr, dass wir ohne genehmigten Haushalt aus dem Stärkungspakt fallen könnten und damit von überlebenswichtigen Fördermitteln abgeschnitten werden. Deshalb wird sich die CDU in diesem Jahr bei der Abstimmung enthalten. Dies verbindet sie gleichzeitig mit der Hoffnung, dem nächsten Haushalt aus vollem Herzen zustimmen zu können und auf dem Weg dorthin in vielen gemeinsamen Sitzungen und Diskussionen gute Ergebnisse für unsere Stadt zu erzielen.

Lassen Sie mich mit einem Zitat des Philosophen Karl Popper abschließen, zusammenfassen und ausblicken:

„Die Zukunft ist offen. Sie hängt von uns ab – von uns allen!"

Vielen Dank - Glückauf!"